Der Beginn eines Alltags

Wir haben endlich Wlan! Und damit ist auch der wichtigste Einrichtungsgegenstand in unserer Wohnung endlich besorgt, nachdem wir uns bis jetzt immer in Cafes oder Hotels mit mittelmäßigen bis guten Wlan rumgetrieben haben. Bei dem einem Cafe kennen sie uns jetzt und machen einfach das Wlan aus, wenn sie wollen, dass wir gehen, weil wir die Öffnungszeiten natürlich bis zur letzten Minute ausreizen wollten. Beim nächsten Besuch hatten sie dann ganz zufällig auch das Passwort geändert gehabt, aber keine Hürde ist uns zu groß für gutes Wlan.
Aber nun zu den neben den Wlan vielleicht etwas untergerdneten Themen, denn langsam beginnt sich zumindest so etwas ähnliches wie ein Alltag - zumindest vorerst - zu entwickeln.
Am Montag haben wir nämlich erst einmal alle Schulen, in denen wir arbeiten werden abgeklappert. De facto waren das nur zwei, es hat sich aber angefühlt wie hundert. In der einen Schule bei der wir nicht arbeiten werden, haben wir nach der ersten Begrüßung bestimmt eine Stunde rumgesessen. Was genau die Lehrer währenddessen besprochen oder getan haben ist mir nach wie vor schleierhaft, vor allem wiel zumindest ein Teil bei uns mit im Raum saßen. African Time - alles braucht halt seine Zeit. Aber zu unserer Unterhaltung wurde gleich der Fernseher angestellt und ewig lange nach einem passenden Sender gesucht. Ich weiß nicht so ganz, wieso ausgerechnet eine schlecht synchronisierte Serie, wo es immer mindestens eine halbe Sekunde unterschied zwischen Lippenbewegung und Ton gab, die in ähnlicher Manier tragische Familienschicksale erzählt wie eine deutsche daily soap. Und gerade dann, wenn es so richtig spannend wird (irgendjemand war gerade gestorben oder so, es war aber alles nicht so eindeutig), wird der Fernseher ausgestellt.
Gleichzeitig wurden wir außerdem mit Kuchen und Tee versorgt. Wobei es "Zuckerwasser mit leichtem Teegeschmack" in den meisten Fällen wohl besser treffen würde. Das Rezept: Drei kleine Teeblätter mit heißen Wasser aufgießen und wahlweise drei bis fünf gehäufte Esslöffel Zucker hinzugeben. Die überraschten Blicke, als ich dann an der anderen Schule aus Anstand "nur" einen hinzugeben habe, lassen sich nicht wirklich beschreiben.
Aber zurück zu der ersten Schule, an der wir locker noch eine weitere Stunde mit Begrüßungen zugebracht haben. Denn wenn man sich jeder der ein Dutzend Klassen mit einem Satz vorstellen muss, das ganze dann noch mal vier Personen plus die Reaktion der Schüler und die Besichtigung des Schulgeländes braucht das seine Zeit. Aber die Reaktionen sind wirklich sehr süß, denn wenn dir mal so bis zu hundert Kinder durch Klatschen unterbrochen "It is a pleasure, you are the best" zurufen und dann den Daumen in die Höhe strecken ist das schon beeindruckend. Lustigerweise sind alle diese Sprechchöre an allen Schulen gleich, aber allein ich habe jetzt schon Unmengen an Sprechchören kennengelernt. Denn es gibt für alles, wirklich alles, den passenden Sprechchor: Von der Begrüßung über das Bilden einer Linie oder eines Kreises bis hin zum Unterricht.
Danach kamen wir dann an unserer Schule, an der ich unterrichten werde, an. Wobei das auch nicht ganz der Wahrheit entspricht, denn unsere Schule besteht aus drei verschiedenen Gebäudekomplexen zwischen denen mindestens eine viertel Stunde Fußweg liegen. Und ein Teil ist immernoch eher eine Baustelle und soll in einem halben Jahr fertig gestellt sein. Naja, mal gucken was die African Time so aus diesem halben Jahr macht.
Dort handelten wir dann auch unseren Stundenplan aus. Und gleichzeitig erfüllte sich eine Vermutung meinerseits. Die Lehrer der ältesten Kinder wollten mehr oder weniger, dass wir gleich von Anfang an alles unterrichten (wir haben diese Diskussion auf nach den Ferien, also in einem Monat verlegt). Aber anscheinend hat unsere Hautfarbe sie dazu verleitet zu denken, dass wir darin viel besser sein werden als sie, obwohl wir -wie sie auch wussten- viel schlechter darin ausgebildet sind als sie. Positiver Rassismus ist auch sehr nervig muss ich sagen. An dieser Stelle auch einen Appell an alle deutschsprachigen ungandischen Kinder, die diesen Blog lesen (vielleicht sollte ich darüber nachdenken eine andere Plattform zu wählen): Kniet euch bitte nicht hin, nur weil wir weiß sind. Das ist zumindest mir persöhnlich immer extrem unangenehm. Wenn ihr uns begrüßt, dann macht das genau so, wie ihr das bei anderen Menschen auch tut. Und seid bitte nicht beleidigt, wenn man auf die andauernden "Muzungu"-Rufe nicht immer reagiert und auch nicht alle Kinder aus der Nachbarschaft auf den Arm nehmen können!
Aber man muss sagen, die Freude, wenn man allein nur zurückwinkt, ist unglaublich. Genauso, wie die Gesichter, wenn wir mit ihnen spielen in der Schule. Denn unser Stundenplan sieht im Moment nämlich so aus: Wir werdenjeden morgen - setzt euch lieber hin, bevor ihr jetzt gleich in Ohnmacht fallt- um zwanzig vor acht von der Schulleiterin der jüngeren Kinder, der Nursery, abgeholt (das hatte sich irgendwie so ergeben) und fangen dann um acht Uhr den Sportunterricht an. Das ist für jemand, der die letzten Monate keine Schule hatte schon sehr früh. Und gleich am ersten Tag in der Nursery hatten wir das volle Programm, was man von einer afrikanischen Schule erwartet. Kinder die auf einen zurennen und einen anfassen wollen, Sprechchöre, keine oder nur auf "Hello, how are you" and "I'm fine" beschränkte Englischkentnisse, über 100 Kinder, die es auf einmal zu bändigen galt und um das zu erreichen Schläge mit einem durchgänig griffbereiten Stock. Zugegeben, das war bis jetzt auch das erste mal, dass das passiert ist, und wie genau das passiert ist, habe ich gar nicht mitbekommen. Aber auf einmal konnte man Schreie und einen Schlag aus dem Nebenzimmer hören.
Ich habe eine so große Anzahl von Kindern noch nie so still erlebt. Kein einziges hat sich auch nur bewegt. Aber die Lehrer kümmern sich schon um die Kinder, bevor jetzt ein vollkommen falsches Bild entsteht.
Danach geht es Mittags zu den "mittelalten" Kindern und abends dann abschließend die "alten", also vierte und fünfte Klasse. Von der einen Lehrerin wurden wir dann abends auch gleich auf eine Fanta, die sie extra für uns geholt hatte, eingeladen und wieder wurde alles für uns aufgefahren. Also alle mussten trotz Proteste unsererseits von den einzigen drei Hockern für uns aufstehen. Aßerdem hat uns die Lehrerin, die übrigens schon 14 Jahre mit ihrem Mann verheiratet ist und gerade mal 24 Jahre alt ist (finde den Fehler), ihren einjährigen Sohn präsentiert. Seine Augen öffneten sich schreckverzehrt und als er uns nach einer halben Minute immer noch angucken "musste", ging das Geschrei los. Danach war kein Blickkontakt mit uns mehr möglich und er ließ sich auch schwer beruhigen, wie auch die anderen zwei Kinder, die an uns vorbeigelaufen waren. Für sie müssen wir weißen so aussehen wie Aliens wahrscheichlich. Manchmal sind wir hier sowas ähnliches wahrscheinlich.
Aber wir haben nach einem eintätigen Einkaufsmarathon es endlich geschafft ein zweites Regal für jeden und endlich wieder Wasser zu besorgen. Es ist echt erstaunlich, was wir so an Wasser verbrauchen. Aber die Koffer sind jetzt endlich weggepackt und alles in Regalen verstaut. Jetzt brauchen wir nur noch einen Tisch und Licht in Bad und Küche. Aber es wird langsam mit unserem Haus...
Auf unserem ersten Flug nach Abu-Dabhi

die ersten Tage in Kampala

der Victoriasee beim Anflug

die Mauer links gehört zu unserem Haus

zwei der Ewaka-Kinder, dem Kinderheim, wo ich auch teils bin

Akello im neuen Ewaka Gebäude

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