Linksverkehr ist das kleinste Problem

Da der Verkehr in Uganda eine eigene Sache für sich ist, habe ich beschlossen, ihm einen ganzen Blogeintrag zu widmen. Leider ist es nämlich wirklich so, wie man sich es vorstellt: Laut, unübersichtlich und auch für einen Deutschen schon sehr abenteuerlich. Also während man in Deutschland schon ein rebellisches Gefühl hat, wenn man unangeschnallt im Auto sitzt, erreicht das hier andere Dimensionen. Ich war sehr überrascht, als ich die Anschnallgurte im Matatu entdeckt habe.
Und damit habt ihr auch schon gleich eins der wichtigsten Verkehrsmittel in Uganda kennengelernt. Matatus haben paradoxerweise Taxi-Schilder auf dem Dach und werden auch Taxis genannt. Faktisch kommt man nie so ganz dahinter, wo sie jetzt gerade hinfahren, aber meistens fahren sie immerhin in die richtige Richtung. Ein Matatu ist allerdings kein klassisches Taxi, so wie sie in Deutschland herumfahren, sondern ein Kleinbus, in dem sehr viele Menschen (plus alles mögliche) untergebracht werden. Dazu gehört auch noch immer ein Fahrer und ein "Conductor", was so viel heißt wie "Zugbegleiter". Abgesehen von der offensichtlichen Ungereimtheit ist dies wohl die treffenste Beschreibung, denn er ist für das Geldeinsammeln und Türenaufmachen zuständig. Letzteres passiert natürlich nicht im Stehen, sondern ausschließlich im Fahren. Es scheint so, als hätten die Türen eine Art Mechanismus, der das verhindert. Manchmal führt das allerdings auch dazu, dass die Conductor schon den ein oder anderen Sprint einlegen müssen, um den Bus noch zu erreichen, weil sie wieder länger in eine Diskussion verwickelt waren oder ähnliches. Also der Job erfordert eine gewisse körperliche Fitness und -besonders wichtig- ein lautes Stimmorgan. Wie ein Marktschreier sagen sie nämlich am Anfang ihrer Tour das Ziel an, um den Bus vollzubekommen, während sie sich in den komischsten Positionen aus den Fenstern lehnen. 
Deutlich schneller als ein Matatu ist das Boda-Boda. Das sind die Motorradtaxis, die wir hauptsächlich nutzen. Das System der Bodas ist nämlich deutlich leichter verständlich als das der Matatus: Hier in Buwenda, wo wir wohnen, leicht außerhalb von Jinja, fahren ungefähr alle halbe Minute ein Boda vorbei und wirklich nie ein Matatu, wenn wir es gerade brauchen. Also einfach hintendrauf gesetzt, dem Boda-Fahrer gesagt, wo er einen absetzen soll und das wars dann auch. Zumindest in der Theorie, denn es kommen noch die ewig langen Preisverhandlungen dazwischen. Es scheint für uns Weiße anscheinend unzumutbar den "normalen" Preis zu zahlen. Also wird meistens verdoppelt, wenn nicht sogar mehr. Ganz zufälligerweise ist dann meistens auch am Zielort das Wechselgeld ausgegangen oder der Boda-Fahrer hat uns missverstanden, wo wir genau hinwollen und lässt uns einfach vorher ab. Und Nacht- beziehungsweise Regenzuschlag gibt es natürlich auch noch. Dafür kann nichts das triumphierende Gefühl übertreffen, wenn man weiß, dass man gerade 1000 Schilling gespart hat. Ich habe lange überlegt, ob ich den Gegenwert in Euro in diesen Blog schreiben soll, weil er meinen gefühlten Erfolg etwas schmälert, aber es geht ums Prinzip: Es sind ungefähr 25 Cent.z
Was man durchs Bodafahren aber tatsächlich spart, ist das Ticket zum Freizeitpark, denn wenn die Bodafahrer sich durch den Verkehr schlängeln, der in Kampala wirklich zu Stoßzeiten sehr verschachtelt und unübersichtlich ist, oder mal eben ein Stück neben der Straße fahren, stößt der Durchschnittskörper schon genug Adrenalin aus. Was allerdings schwierig zu erreichen ist sind hohe Geschwindigkeiten. Entweder andere Autos stehen dem entgegen oder unzählige von geschwindigkeitsreduzierenden Wellen in der Straßen. Also natürlich nur die, an denen ein Vorbeifahren nicht ohne Weiteres möglich ist. Und wenn der Bodafahrer mal nicht zu hundert Prozent aufgepasst hat, kann man auch schon ein bisschen fliegen. Also theoretisch müsste Uganda eine der führenden Motorcross-Nationen sein. 
Auch im Real-Life-Tetris dürften sie große Erfolgschancen haben. Nicht nur, dass auf den Mopeds bis zu vier ausgewachsene Menschen transportiert werden können (ein Erwachsener kann natürlich durch fast beliebig viele Kinder ersetzt werden), den Sachgegenständen sind wirklich keine Grenzen gesetzt. Also von einem Dutzend noch lebender Hühner über die Großeinkäufe von Ewaka (40 Kilo Maismehl und mindestens doppelt so viel Kohle, nur um ein Gefühl von den Dimensionen zu haben; es ist sehr viel) bis hin zu meinem ganzen Bett ist alles möglich. 
Was sie leider in den ganzen Filmen nicht sonderlich betont haben, wenn ein Motorrad durch eine Wüste fährt und die Haare im Wind wehen: Staub. Neben dem ganzen Ruß (Uganda ist keine grüne-Umweltplakette-Zone) kommt noch der rotbraune Staub dazu, wenn es trocken ist. Immerhin sieht man danach braun gebrannt aus, bis man sich das erste mal ins Gesicht fasst. Unerklärlich ist auch wieso bei solchen Bedingungen fast jedes Auto weiß ist. Und vor alle wirklich weiß mit sehr wenig Staub nur, also die Autofahrer müssen mehr Zeit mit putzen als mit fahren verbringen. 
Übrigens habe ich mich jetzt immerhin schon daran gewöhnt, dass die Autos beim Überqueren der Straße erst von rechts kommen. Nach den anfänglichen Schwierigkeiten, wo ich den Sinn der Hupe verstanden habe, bin ich schon etwas stolz darauf. Man lerne, sei überall ruhig so langsam und gelassen wie möglich, nur nicht beim Kreuzen, da reagieren sie nicht allzu begeistert.

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